So werden Panzertruppen kriegstauglich
„Foxtrot, hier Sierra 1: Übungsbeginn!“, ertönt eine Stimme aus dem Funkgerät. Sofort setzt der Chef seine Panzerkompanie, ausgestattet mit Kampfpanzern Leopard 2, in Bewegung. Im winterlichen Gelände wird sich zeigen, ob der Plan des Gefechts aufgeht. Gleichzeitig versucht ein ebenbürtiger Gegner, diesen Plan zunichtezumachen.
Im Schießübungszentrum Panzertruppen treten Panzerkompanien gegeneinander an – unter ständiger Begleitung von Experten, die auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen können und ihr Wissen nun als Ausbilder weitervermitteln. Die taktische Lage entspricht den Rahmenbedingungen eines hochintensiven Gefechts in der Landes- und Bündnisverteidigung. Letztere ist insbesondere mit der Zeitenwende wieder in den Fokus gerückt.
Die Panzertruppenschule hat indes nie aufgehört, den Führungsnachwuchs diesbezüglich auszubilden. „Wer die Führungsgrundsätze in der Landes- und Bündnisverteidigung beherrscht, der kann auch in internationalen Kriseneinsätzen bestehen“, lautet der zeitlose Grundsatz. Das Schießübungszentrum ist eine der wichtigsten und besten Ausbildungseinrichtungen des Heeres, wenn es um die intensive und vor allem praxisorientierte Ausbildung des Führungspersonals geht. Sie liegt in der sogenannten Herzkammer des Heeres, also inmitten des Standortes Munster, und ist der Schule gepanzerte Kampftruppen unterstellt.
Hochwertiges Führungstraining für Fortgeschrittene
Bis zu zwölf Mal im Jahr trainiert hier Führungspersonal der Panzer- und Panzergrenadiertruppe mit dem Ziel, die Führungsleistung zu verbessern. Dabei nehmen bis zu zwei Kompanien, das heißt die Kompaniechefinnen und -chefs mit ihren Zugführerinnen und Zugführer, Besatzungen und Gefechtsfahrzeugen an einem Übungsdurchgang teil. Der Durchgang erstreckt sich über zwei Wochen. Die Soldatinnen und Soldaten werden in den verschiedenen Gefechtsarten: Angriff, Verteidigung und Verzögerung ausgebildet, trainiert und in jeder Phase beaufsichtigt und gewinnbringend bewertet.
In diesem Durchgang sind es zwei Kompanien des Panzerlehrbataillons 93 der Panzerlehrbrigade 9 aus Munster plus ein Panzergrenadierzug des Panzergrenadierbataillons 33. In einem anderen Lehrgang sind es dann zwei Panzergrenadierkompanien und nur ein Panzerzug. Das wechselt sich immer ab. Alle Panzertruppenbataillone sind angehalten, alle zwei Jahre eine Ausbildung im Schießübungszentrum Panzertruppen zu absolvieren.
Realitätsnahe Gefechtsführung
Diese verläuft in fünf Phasen: Begonnen wird mit Unterrichtseinheiten zu Grundsätzen, mit dem Ziel, vorhandenes Wissen bei den Teilnehmern aufzufrischen und sie auf die kommenden Tage vorzubereiten. Aufbauend auf diesem Unterricht findet die sogenannte Geländebegehung statt. Hier lernen die Teilnehmenden das Gelände für die Gefechtsführung zweckmäßig zu nutzen. Das erlernte und aufgefrischte Know-how aus der Theorie und der Geländebegehung wird anschließend in einer angeleiteten Ausbildung zunächst der Züge, dann der gesamten Kompanie, auf dem Truppenübungsplatz vertieft. Nach einer kurzen Zeit zur Vorbereitung und Erholung werden die beiden Kompanien in eine realitätsnahe Gefechtssituation versetzt. Trotz der Begleitung zählt eigenständiges Handeln in der mehrtägigen und physisch wie psychisch fordernden Gefechtsübung. Insgesamt steht die Führungsarbeit der beiden Kompaniechefs im Fokus. Jede Ausbildung im Schießübungszentrum wird mit einem Gefechtsschießen auf Kompanieebene abgerundet.
Der Ablauf der Ausbildung
Obwohl jedem Führer einer Kompanie bewusst ist, dass es gewinnbringende zwei Wochen werden, bereiten sich die meisten mit einer gewissen Demut auf die kommenden Tage vor. Wie gut beherrsche ich die taktischen Grundsätze? Wie gut arbeiten meine Frauen und Männer zusammen? Wie erfolgreich führe ich die Kompanie durch das Gefecht? Viele Fragen beschäftigen die Kompaniechefs. Nicht nur ihnen, sondern auch ihren Soldaten wird während der zwei Wochen einiges abverlangt. Dabei geht es während der Ausbildung vor allem darum, eine Momentaufnahme des Leistungsstandes zu ermitteln, um anschließend ein „Soll“ festzulegen, das es am Ende der Ausbildung zu erreichen gilt. Der Zusammenhalt und die Effektivität des Teams sollen gefördert werden. Zusätzlich zum Ausbildungserfolg erhält die Truppe ein wertvolles Feedback, um die Ausbildung im Heimatstandort zielgerichtet weiterführen zu können. Hierfür stehen die Experten des Schießübungszentrum über den gesamten Zeitraum und auch danach zur Verfügung.
„Ich genieße jeden Tag“
Die infrastrukturellen Möglichkeiten des Standortes sind optimal. Alle Schießübungszentrum -Durchgänge finden auf den Truppenübungsplätzen Munster oder Bergen statt. Neben diesen Voraussetzungen sind es jedoch vor allem die Soldaten des Schießübungszentrum , die kontinuierlich, Durchgang für Durchgang, den Ausbildungserfolg garantieren. „Ich darf mit handverlesenen Ausbilderinnen und Ausbildern arbeiten. Sie alle sind Experten auf ihrem Gebiet, hoch motiviert sowie mit dem Willen und der Leidenschaft zum Ausbilden ausgestattet“, sagt Oberstleutnant Sebastian H. voller Stolz. Wie seine Kameraden ist auch er ein Vollblutausbilder. H. identifiziert sich voll und ganz mit seiner Tätigkeit als Leiter des Schießübungszentrum Panzertruppen: „Ich genieße jeden Tag. Wer kann schon bis zu zwölf Mal im Jahr die Raubkatzen des Heeres im Gefecht auf Kompanieebene beobachten?“, schwärmt der Ausbildungsleiter.
Nach den zwei Wochen wird klar: Das Schießübungszentrum Panzertruppen ist eine der wichtigsten Ausbildungsinstitutionen des Heeres, um das Führungspersonal der Panzertruppen auf einen möglichen Ernstfall vorzubereiten. Nichts ersetzt die praktische Übung im Gelände und die Möglichkeit, auf den größten Truppenübungsplätzen der Bundeswehr das Gefecht der verbundenen Waffen bis zur Kompanieebene trainieren zu können. Kombiniert mit der hohen Expertise der Soldatinnen und Soldaten des Schießübungszentrum sind dies die Garanten für einen wesentlichen Beitrag, die hohe Führungsleistung in den Panzertruppen zu halten und sogar zu steigern. Schließlich geht es um das Erreichen von Kriegstauglichkeit und um Kaltstartfähigkeit für die Landes- und Bündnisverteidigung.